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Sabbatianismus

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🌟 Was ist Sabbatianismus?

Sabbatianismus war eine messianische Bewegung im 17. Jahrhundert, benannt nach Sabbatai Zvi (1626–1676), einem jüdischen Mystiker aus dem Osmanischen Reich (heutige Türkei/Griechenland). Er erklärte sich selbst zum jüdischen Messias – was in der jüdischen Welt riesige Wellen schlug.


📜 Kurzer Überblick zur Geschichte

🧠 1. Kabbalistische Wurzeln

  • Sabbatai Zvi war stark beeinflusst von der Lurianischen Kabbala (Isaak Luria).

  • In dieser Mystik gibt es die Vorstellung vom „gefallenen Licht“, das durch göttliche Reinigung (Tikkun) wiederhergestellt werden muss.

  • Sabbatai interpretierte das so: Das Heil kommt nicht durch Einhaltung der Gebote, sondern auch durch deren Umkehrung oder Überwindung – eine extrem provokante Idee.

🌍 2. Der messianische Boom

  • Seine Ideen verbreiteten sich schnell über Europa, Nordafrika, den Nahen Osten.

  • Viele Juden glaubten wirklich, der Messias sei gekommen – manche verkauften alles, um ins Heilige Land zu ziehen.

  • Er führte neue Gebete, Rituale, Fastenzeiten ein – oft im Widerspruch zur Halacha (jüdisches Gesetz).

3. Der Schock: Konversion zum Islam (1666)

  • Sabbatai wurde vom osmanischen Sultan verhaftet – unter Androhung der Hinrichtung konvertierte er zum Islam.

  • Für viele Anhänger war das ein Schock. Aber einige meinten: „Auch das gehört zum göttlichen Plan.“

  • Daraus entstand der sogenannte „verdeckte Sabbatianismus“: geheime Gemeinschaften, die Zvi weiter als Messias verehrten.


🕯️ 4. Nachwirkungen & Derivate

🔄 Antinomismus (Gesetzesumkehr)

  • Sabbatianer glaubten, dass im messianischen Zeitalter die alten Gesetze aufgehoben sind.

  • Daraus entstanden rituelle Provokationen: z. B. das Essen von verbotenen Speisen, das Feiern heiliger Tage durch das Brechen von Regeln.

  • Das wurde von traditionellen Rabbinern als Häresie und „religiöse Anarchie“ gesehen.

👤 Jakob Frank & die Frankisten (18. Jh.)

  • Jakob Frank erklärte sich zum Nachfolger Sabbatais und trieb die antinomischen Ideen noch weiter.

  • Seine Bewegung konvertierte offiziell zum Christentum, behielt aber geheime kabbalistische Praktiken.

  • Die Frankisten werden manchmal als Vorläufer moderner esoterischer Strömungen gesehen.


❗ Sabbatianismus ≠ Satanismus

  • Kein Teufelsglaube: Sabbatianismus ist tief verwurzelt im Judentum und glaubt an den einen Gott.

  • Ziel war Erlösung, nicht Rebellion um der Rebellion willen.

  • Die Parallelen zu Satanismus sind rein äußerlich: Regelbruch, Tabuverletzung, spirituelle Rebellion – aber mit völlig anderem Zielsystem.


📚 Interessant zu wissen:

  • Viele Ideen aus dem Sabbatianismus flossen verdeckt in europäische Esoterik, Freimaurerei, Gnostizismus ein.

  • Einige Historiker sehen Sabbatianismus als eine Art „jüdische Reformation“, die jedoch unterdrückt wurde.

  • Er hat Theologen, Historiker und Mystiker bis heute inspiriert – von Gershom Scholem bis zu modernen Kabbalisten.