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Über die mystische Theologie

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Die mystische Theologie von Dionysius Areopagita (auch Dionysius der Areopagit, oder Dionysius der Pseud-Areopagit) ist eine der einflussreichsten und tiefgründigsten Strömungen in der christlichen Mystik und Theologie. Dionysius war ein früher christlicher Mystiker, dessen Werke die mystische Vereinigung mit Gott, die negative Theologie und die Hierarchie des Himmels thematisieren. Seine Schriften waren besonders einflussreich im Mittelalter und prägten die spätere christliche Mystik und die Entwicklung der theologischen Philosophie.

🌟 Wer war Dionysius Areopagita?

Der Name "Dionysius" ist möglicherweise ein pseudonymer Titel und bezieht sich auf Dionysius den Areopagiten, einen frühen Christen und angeblichen Schüler des Apostels Paulus (siehe Apostelgeschichte 17:34). Viele Forscher sind sich jedoch einig, dass die Schriften von Dionysius Areopagita nicht von diesem historischen Dionysius stammen, sondern von einem unbekannten mystischen Theologen im späten 5. oder frühen 6. Jahrhundert n. Chr., der sich selbst als Dionysius ausgab. Daher wird er oft als Dionysius der Pseud-Areopagit bezeichnet.


🕊️ Die Hauptwerke von Dionysius:

Die wichtigsten Schriften von Dionysius Areopagita sind:

  1. "Die mystische Theologie" (Theologia Mystica)

  2. "Die himmlische Hierarchie" (De Coelesti Hierarchia)

  3. "Die kirchliche Hierarchie" (De Ecclesiastica Hierarchia)

  4. "Über die Namen Gottes" (De Divinis Nominibus)

Diese Werke sind ein komplexes System von mystischer Theologie, das stark auf den Gedanken von Plotin und der Neuplatonischen Philosophie basiert. Sie stellen eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der Verbindung zwischen Gott und der Schöpfung dar und bieten eine mystische Anleitung für die Vereinigung der menschlichen Seele mit dem Göttlichen.


🌀 Die Mystische Theologie von Dionysius:

Dionysius' mystische Theologie basiert auf der Idee, dass das wahre Verständnis von Gott nur durch eine „negative“ oder „apophatische“ Theologie erlangt werden kann – eine Theologie der Negation.

1. Negative Theologie:

Dionysius lehrt, dass Gott unbeschreiblich und unfassbar ist. Alles, was wir über Gott sagen können, ist letztlich unzulänglich, da unser Verständnis von Gott durch die Grenzen menschlicher Sprache und Erfahrung beschränkt ist. Daher beschreibt Dionysius die mystische Vereinigung mit Gott nicht durch affirmative Aussagen, sondern durch Verneinung und Entleerung. Gott ist „jenseits aller Begriffe“, „über allen Begriffen“ und „über allen Sein“. Diese Lehre ist tief mit der neuplatonischen Tradition verbunden, die davon ausgeht, dass das Absolute oder das Eine jenseits der Welt der Erscheinungen existiert und nur durch mystische Vereinigung erfahren werden kann.

2. Die „Erhebung“ der Seele:

Für Dionysius ist die mystische Vereinigung mit Gott ein Prozess der inneren Erhebung der menschlichen Seele. Dieser Prozess beinhaltet mehrere Stufen der Reinigung und Transformation:

  • Vorbereitung: Die Seele muss sich von weltlichen Bindungen befreien.

  • Reinigung: Dies erfolgt durch Gebet, Meditation und das Streben nach Tugend.

  • Licht: In einem mystischen Zustand erlangt die Seele Erleuchtung.

  • Vereinigung mit dem Göttlichen: Schließlich erreicht die Seele eine Erfahrung der Vereinigung mit Gott, die jedoch nicht vollständig in Worte gefasst werden kann.

3. Hierarchie und die Engel:

Dionysius entwickelt auch eine detaillierte Lehre von der himmlischen Hierarchie, die eine systematische Ordnung der Engel umfasst. Er unterscheidet verschiedene Engelschoften und stellt die Engel als Mittler zwischen der irdischen Welt und dem Göttlichen dar. Diese Hierarchie ist ein integraler Bestandteil seiner mystischen Vision, da sie zeigt, wie der Mensch durch die spirituelle Praxis und Reinigung allmählich in die göttliche Ordnung eintreten kann.

4. Die „Licht- und Dunkelheitsmetaphorik“:

In der mystischen Theologie von Dionysius ist das „Licht Gottes“ ein zentrales Symbol. Das Licht wird als ein Zeichen der göttlichen Präsenz und als Quelle der Erkenntnis dargestellt. Doch zugleich spricht Dionysius auch von der „Dunkelheit“, in der sich Gott verbirgt – der mystische Zustand, in dem der Mensch die absolute Gegenwart Gottes in einer Form erlebt, die sich jenseits aller irdischen Wahrnehmung und Verständlichkeit befindet.


🏛️ Einfluss auf die christliche Mystik und Philosophie:

Dionysius' Schriften hatten einen enormen Einfluss auf die christliche Mystik im Mittelalter und beeinflussten bedeutende Denker und Mystiker wie:

  • Meister Eckhart

  • Johannes vom Kreuz

  • Bernhard von Clairvaux

  • Thomas von Aquin

Besonders im mittelalterlichen Mystizismus wurden Dionysius' Werke häufig studiert, und seine Ideen über die mystische Vereinigung mit Gott sowie seine negative Theologie beeinflussten viele mystische Strömungen und kontemplative Traditionen.


Die Bedeutung der mystischen Theologie von Dionysius:

Die mystische Theologie von Dionysius Areopagita bleibt von großer Bedeutung, weil sie die Intuition und Erfahrung als Schlüssel zum Verständnis des Göttlichen hervorhebt. Anstatt das Göttliche in dogmatischen Begriffen zu fassen, fordert Dionysius die Gläubigen auf, ihre Erfahrung Gottes zu verleugnen, da das wahre Göttliche jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegt.

Für Dionysius ist die mystische Vereinigung der Höhepunkt der spirituellen Reise, und sie wird nicht durch kognitive Erkenntnis, sondern durch reines Erleben und Erfahren des Göttlichen erlangt.


🌿 Zusammenfassung:

Die mystische Theologie von Dionysius Areopagita ist ein faszinierender Ansatz, der sich mit den tiefsten Aspekten der menschlichen Verbindung zum Göttlichen beschäftigt. Dionysius' Betonung der negativen Theologie und der mystischen Erfahrung hat weitreichende Auswirkungen auf die christliche Spiritualität und Mystik gehabt und bleibt eine wichtige Quelle für Menschen, die den spirituellen Weg jenseits von Dogma und theoretischer Theologie suchen.