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Vedanta

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Vedanta ist eine der wichtigsten philosophischen Schulen des Hinduismus und stellt das philosophische Ende der Veden dar. Der Name „Vedanta“ stammt von den Wörtern „Veda“ (Wissen) und „Anta“ (Ende) und bedeutet somit „das Ende des Wissens“ oder „das Ziel des Wissens.“ Es beschäftigt sich mit den grundlegenden Fragen über die Natur des Selbst (Atman), die Natur des Universums (Brahman) und die Beziehung zwischen beiden.

Grundprinzipien von Vedanta:

  1. Brahman und Atman:

    • Brahman ist das absolute, unvergängliche und unendliche Prinzip des Universums. Es ist die höchste Realität und die Quelle alles Existierenden. Brahman ist nirguna (ohne Eigenschaften) und nirakara (formlos), was bedeutet, dass es jenseits aller Kategorien und Vorstellungen liegt.

    • Atman ist das Selbst, das individuelle Bewusstsein oder die Seele eines jeden Wesens. Vedanta lehrt, dass Atman und Brahman in ihrer Essenz identisch sind. Das bedeutet, dass das wahre Selbst eines jeden Menschen letztlich dasselbe ist wie das universelle Selbst (Brahman).

  2. Die Einheit von Atman und Brahman:

    • Die zentrale Lehre von Vedanta ist, dass Atman (das individuelle Selbst) und Brahman (das universelle Selbst) nicht getrennt sind, sondern in ihrer wahren Natur ein und dasselbe. Diese Erkenntnis ist der Weg zur Befreiung (Moksha). Das Ziel der Vedanta-Praxis ist es, die Illusion der Trennung zwischen dem Selbst und dem Universum zu überwinden und die Einheit von Atman und Brahman zu erfahren.

  3. Maya und die Illusion der Welt:

    • Maya ist das Konzept, dass die Welt, wie wir sie wahrnehmen, eine Illusion oder Täuschung ist. Obwohl die Welt in ihrer Erscheinung real ist, ist sie nicht die wahre, ewige Realität. Sie wird durch unseren begrenzten Verstand und die Sinne wahrgenommen, die uns glauben lassen, dass es Trennungen und Unterschiede zwischen den Dingen gibt. In der Realität jedoch ist alles ein und dasselbe – Brahman.

  4. Moksha (Befreiung):

    • Das Hauptziel des Vedanta ist Moksha, die Befreiung aus dem Kreis von Geburt und Tod (Samsara) und die Erreichung des höchsten Wissens. Moksha wird erreicht, wenn man die wahre Natur des Selbst (Atman) erkennt und die Illusion der Trennung von Brahman überwindet. Diese Befreiung ist ewige Glückseligkeit und die Rückkehr zur Einheit mit der höchsten Realität.

Wichtige Texte des Vedanta:

Die vedantischen Lehren sind vor allem in den Upanishaden enthalten, die zu den ältesten philosophischen Schriften Indiens gehören. Die Brahma Sutras und die Bhagavad Gita sind ebenfalls zentrale Texte des Vedanta.

  1. Die Upanishaden:

    • Die Upanishaden sind die philosophischen und spirituellen Schriften, die das Wesen der Realität, des Selbst und des Universums beschreiben. Sie stellen die Grundlage der Vedanta-Philosophie dar und erkunden Themen wie Brahman, Atman, Maya und Moksha.

  2. Die Bhagavad Gita:

    • Die Bhagavad Gita ist ein Teil des Mahabharata und ein Dialog zwischen Arjuna und dem Gott Krishna, der Arjuna auf seinem Weg zur Erleuchtung lehrt. Die Gita behandelt verschiedene spirituelle Wege, darunter den Weg der Hingabe (Bhakti Yoga), den Weg des Wissens (Jnana Yoga) und den Weg des Handelns (Karma Yoga).

  3. Brahma Sutras:

    • Die Brahma Sutras sind eine Sammlung von Aphorismen, die die Lehren der Upanishaden systematisch zusammenfassen und erläutern. Sie sind ein wichtiger philosophischer Text, der sich mit der Erkenntnis von Brahman und der Verbindung zwischen Atman und Brahman beschäftigt.

Hauptströmungen innerhalb von Vedanta:

Es gibt verschiedene Schulen oder Strömungen innerhalb des Vedanta, die jeweils unterschiedliche Interpretationen und Herangehensweisen an die vedantische Philosophie haben:

  1. Advaita Vedanta (Nicht-Dualismus):

    • Advaita Vedanta ist die bekannteste und vielleicht einflussreichste Form des Vedanta. Sie wurde von Adi Shankaracharya im 8. Jahrhundert n. Chr. entwickelt. Der Kern der Advaita Vedanta ist der Nicht-Dualismus (Advaita), der die Ansicht vertritt, dass Atman und Brahman letztlich identisch sind. Das individuelle Selbst ist keine separate Entität, sondern eine Erscheinung der einen höchsten Realität, Brahman.

    • Shankaracharya lehrte, dass die Welt und das individuelle Selbst nur aufgrund der Maya (Illusion) als getrennt wahrgenommen werden. Die wahre Erkenntnis besteht darin, diese Illusion zu durchbrechen und die Einheit von Atman und Brahman zu erfahren.

  2. Vishishtadvaita Vedanta (Qualified Non-Dualism):

    • Diese Schule wurde von Ramanuja im 11. Jahrhundert formuliert und betont eine qualifizierte Non-Dualität. Laut Vishishtadvaita ist Brahman die höchste Realität, aber die Welt und das individuelle Selbst sind nicht vollkommen identisch mit Brahman. Vielmehr sind sie untrennbar mit Brahman verbunden und existieren als unterschiedliche, aber nicht getrennte Aspekte der göttlichen Realität.

    • Diese Schule betont besonders den Bhakti-Weg, den Weg der Hingabe an Gott, als Mittel zur Erlangung von Moksha.

  3. Dvaita Vedanta (Dualismus):

    • Dvaita Vedanta, begründet von Madhvacharya, ist eine Philosophie des Dualismus. Diese Schule lehrt, dass Atman und Brahman zwei verschiedene, getrennte Entitäten sind. Es gibt eine klare Trennung zwischen dem individuellen Selbst und dem höchsten Gott (Brahman). In dieser Lehre wird die Verehrung von Gott (insbesondere Vishnu) als der Weg zur Befreiung betont.

Praktische Anwendung von Vedanta:

Die praktische Anwendung der Vedanta-Philosophie beinhaltet Meditation, Studium der Schriften und das Streben nach einem Leben in Übereinstimmung mit den Prinzipien von Wahrheit, Mitgefühl, Selbstlosigkeit und Erleuchtung. Insbesondere der Weg des Wissens (Jnana Yoga) ist eine Schlüsselpraxis im Vedanta, bei der das Streben nach Selbstverwirklichung und die Erkenntnis der wahren Natur des Selbst im Mittelpunkt stehen.

Zusammenfassung:

Vedanta ist eine tiefgründige philosophische Tradition, die sich mit den grundlegenden Fragen der Existenz und der Beziehung zwischen dem individuellen Selbst und dem universellen Prinzip (Brahman) befasst. Sie lehrt, dass die wahre Natur des Menschen und der Welt ganzheitlich und unteilbar ist. Das Erkennen dieser Wahrheit führt zur Befreiung von den Bindungen des Lebens und zur Erleuchtung.